Vision Fußgängerbrücke vom Protschenberg zur Ortenburg
Anfang der 1990er Jahre erhitzte die Idee mit der Seilbahn vom Protschenberg zur Ortenburg die
Gemüter. Auch eine Fußgängerbrücke an gleicher Stelle, wie es die Entwürfe jetzt vorsehen, wurde 2002/2003 schon einmal als nicht machbar verworfen. Und wieder gibt es Entwürfe zu einer Brücke über das Spreetal, die einen Parkplatz mit der historischen Altstadt verbinden soll.
Wir, die Mitglieder des Vorstandes und des Beirates vom ALTSTADT BAUTZEN e.V, sind uns einig, dass sich die geplante Fußgängerbrücke sehr negativ auf die ortsbildprägende historische Stadtansicht mit ihrer mittelalterlichen Befestigungsanlage auf den Steilhängen des Spreetals auswirkt.
Die Gründung unseres Vereins fand unter Mitwirkung von Prof. Dr. Glaser, damaliger sächsischer Landeskonservator und Präsident des Sächsischen Landesamtes für Denkmalpflege statt. Er legte uns neben unserem Einsatz für den Schutz der historischen Altstadt auch besonders den Schutz des Spreetals ans Herz.
Die Spannbandbrücke mit einem Bauwerk auf dem Protschenberg und der Öffnung der Burgmauer ist vom Tisch. Die neuen Entwürfe der 120 Meter langen Brücke erscheinen jedoch wuchtiger und dominanter. Auch wenn die Vorzugsvariante mit Zugang zum Burgwasserturm geringfügig tiefer eingeordnet ist, als die Spannbandbrücke vom 1. Entwurf, schwebt die Brücke in einer unglaublichen Höhe über dem Spreetal. Bisher gab es nur Fotomontagen vom Luftbild, wo tatsächliche Höhen nicht erkennbar sind, oder vom Ausgangspunkt am Brückenkopf auf dem Protschenberg. Wo bleibt die Visualisierung auf Fotos vom gesamten Spreetal, wie vom Standort in der Nähe der Protschenbergkapelle, von der Friedensbrücke und von der Scharfenwegbrücke aus? Die mittelalterliche Festung braucht kein neues Eingangsportal. Wozu? Gäste geleitet man doch nicht durch den Hinterhof ins Haus. Auch der Burgwasserturm gehört zur Festung, und damit den ihm gebührenden Schutz, um den Sinn der Unbezwingbarkeit der gesamten Anlage beizubehalten.
Die Innenbereiche von Burgwasserturm und Langhaus sind zwar sehr sanierungsbedürftig , jedoch nicht in einem baufälligen Zustand. (Amtsblatt 25.7.2020). Die Wände wurden vor der Herstellung der Dächer gesichert.
Mit dem Verweis einiger Befürworter auf den Bau der Friedensbrücke sollte folgendes in Betracht gezogen werden:
Vor mehr als 100 Jahren machten es sich die Stadtväter, die Stadträte und Baumeister nicht leicht mit der Entscheidung zum Bau der damaligen Kronprinzenbrücke. Die zunehmende
Industrialisierung und die damit verbundene Zunahme des Verkehrs machte die Entlastung der
Heiligen-Geist-Brücke und der Scharfenwegbrücke und gleichzeitig eine leichtere und schnellere
Querung des Spreetals dringend erforderlich. Die Erhaltung des für Bautzen charakteristischen
Stadtpanoramas stand damals als oberstes Gebot über jedem Brückenentwurf. Von diesem
Gedanken getragen, wurde demjenigen Entwurf zugestimmt, der in Bauform und Material diesem Grundsatz und damit der Annäherung an die alte vorhandene Bausubstanz der Stadt entsprach. Das wurde selbst mit dem Wiederaufbau der 1945 zerstörten Brücke bewahrt.
Der Bau der Friedensbrücke war damals, wie auch heute noch, eine wichtige direkte Verkehrsanbindung vom Lauengraben an die vorhandene, fast schnurgerade Straße zur Landeshauptstadt.
Hat eine Fußgängerbrücke einen höheren Anspruch auf Notwendigkeit?
Die in sich geschlossene Stadtansicht von Bautzen ist, wie vor einhundert Jahren, Wahrzeichen und ein hohes Kulturgut. Heute werben Prospekte, Reisekataloge und schon von jeher Postkarten mit diesem Panorama für die Stadt Bautzen.
Der Verein übermittelte bereits in einer Beratung zur Brücke am 05. Mai 2018 der
Baubürgermeisterin Frau Naumann unseren Standpunkt zur Brücke und Alternativvorschläge.
Wir regten eine gute Ausschilderung der vielfältigen Wege und historisch interessanten Pfade vom Protschenberg zur Ortenburg und der Altstadt, mit einem Orientierungsplan am Parkplatz und dazu einen Flyer als Wegbegleiter, an.
Es sollte auch geprüft werden, ob Shuttle-Busse als Pendelverkehr zwischen Parkplatz und
Innenstadt oder die Anbindung an den Stadtbusverkehr nicht nur im Kostenvergleich Sinn machen.
Uns stellt sich auch die Frage nach der Frequentierung der Fußgängerbrücke in einiger Zeit nach der Einweihung. Menschen aus der Westvorstadt kommen bequem über die Friedensbrücke ins Stadtzentrum. Übrig bleiben die Besucher, die ihr Fahrzeug auf dem Schliebenparkplatz abstellen.
Wie hoch wird davon der Prozentsatz der Menschen mit Höhenangst sein und die aus anderen Gründen nicht höhentauglich sind? Lohnt sich diese riesige Investition? Die Bauunterhaltungkosten werden mit den Jahren die Baukosten um ein Vielfaches übersteigen.
Durch Investitionen in vielfältige, kulturvolle Veranstaltungen könnte eher eine Belebung der Stadt erreicht werden. Die Altstadtfeste zum Beispiel haben es gezeigt. Sie lockten viele Touristen an. Eine Fußgängerbrücke wird es auf Dauer wohl nicht tun.
Wir stellen uns Neuem nicht in den Weg, es darf und soll entstehen, wenn das Neue mit dem Alten korrespondieren kann und wenn es sich gegenseitig aufwertet.
Doch diese Einmaligkeit einer Stadtansicht mit ihren sensiblen und spannenden Bereichen zwischen der Ortenburg als Ausgangspunkt der Stadtentwicklung, dem Protschenberg mit bronzezeitlicher Siedlungsgeschichte und dem ca. 30 Meter tiefen Felsental der Spree sollte unantastbar bleiben, ansonsten entsteht Schaden an unserem schönsten Stadtpanorama.
Wir sind der Meinung, dass dieses Brückenbauvorhaben den hohen Ansprüchen, die unsere Vorfahren an das Stadtbild gestellt und eingehalten haben, nicht gerecht werden kann.
Vorstand und Beirat vom ALTSTADT BAUTZEN e.V. 04.08.2020